Die Dimensionen

Ausdauernd, anpassungsfähig, selbstständig, resilient …

Das sind Careleaver und noch vieles mehr.

Übergänge

Um den Übergang ins Erwachsenen­leben zu meistern, sind junge Menschen auf erhebliche soziale und familiäre sowie materielle Unterstützung angewiesen. Für Careleaver bedeutet dieser Übergang mit dem Ende der Jugendhilfe meist einen sehr harten Einschnitt. Das Ende kommt früh – mit 18 Jahren – und hat für sie eine andere Bedeutung als für ihre Peers: während die meisten Menschen auch nach dem Auszug noch in irgendeiner Form Rückhalt von ihren Eltern bekommen – und sei es nur durch ein offenes Ohr – müssen Careleaver alles alleine schaffen.

Gut zu wissen:
Deutschland gibt pro Jahr ca. 6,5 Milliarden Euro für die stationäre Jugendhilfe aus. Viel Geld. Es ist jedoch wichtig, dass die Beendigung der Hilfen so gestaltet wird, dass Erfolge und Möglichkeiten, die vorher gemeinsam mit den Jugendlichen aufgebaut wurden, nicht verloren gehen.

»Die Kostenheran­ziehung muss endlich abgeschafft werden. Es fühlt sich an, als wären Heimkinder nicht wichtig.«

Suratsch, 20, Careleaver und ehrenamtlich engagiert

Vorm Verlassen der Jugendhilfe

Jugendliche in Pflegefamilien oder Einrichtungen müssen bis zu 75 % eines Einkommens als sogenannte Kostenheranziehung an das Jugendamt abgeben. Das ist eine beispiellose Ungleichbehandlung gegenüber ihren Peers. Eine Kostenheranziehung wirkt demotivierend und geringschätzend. Sie führt auch dazu, dass Careleaver keine Rücklagen für die Zeit nach dem Auszug ansparen können.

Gut zu wissen:
75 % — das entspricht 600 Euro bei einem Ausbildungsgehalt von 800 Euro oder 300 Euro bei einem 400 Euro-Schülerjob. Geld das Careleaver für einen Führerschein oder die erste eigene Wohnung gut gebrauchen könnten.

Hilfen beantragen

»Sie sind ein Einzelfall, da können wir leider nicht weiterhelfen.«

Ein Satz, den Careleaver nicht selten hören. Careleaver sind in den öffentlichen Systemen nicht als eigene Bedarfsgruppe anerkannt und öffentlich kaum sichtbar. Häufig treffen sie auf Unverständnis, wenn sie zum Beispiel im Rahmen eines BAföG-Antrags nicht einfach Kontakt zu ihren leiblichen Eltern aufnehmen. Oder Lebensträume zerbrechen, weil sie längere Zeiträume nicht überbrücken können, bis eine Leistung gewährt wird. Auch Eigenanteile, die bei vielen Bildungsangeboten gefordert werden, können ein nahezu unüberbrückbares Hindernis darstellen.

Bildung

Hat ein Careleaver mit 18 die Jugendhilfe einmal verlassen müssen, ist eine Rückkehr – zum Beispiel um einen Bildungsabschluss nachzuholen – fast unmöglich. Careleaver tauchen in deutschen Bildungsstatistiken nicht gesondert auf. Expert*innen vermuten ähnliche Werte wie in Großbritannien: hier sind 40 % der Careleaver mit 19-21 Jahren weder in Schule, Ausbildung oder Beschäftigung (verglichen zu 14 % der Gleichaltrigen). Nur 7 % studieren.

Gut zu wissen:
In Deutschland beginnen 55 % der Schulabsolvent*innen ein Studium.