Interview

»Cariboos Funktionalität kommt durch die Nutzer*innen, die Community, den Gemeinschaftsgedanken. Das ist ein wunderschönes Feature!«

Karl, 30, ist Careleaver, Product Manager für digitale Produkte und Apps und hat bei der Entwicklung von Cariboo mitgewirkt. Er berichtet von den Chancen, die er im Teilen von Erfahrungen sieht, von den Funktionen und Features von Cariboo, von Job-Aussichten im Digitalbereich und von seiner Vision einer Welt, in der Careleaver Netzwerke bilden, sich offen austauschen können und diesen Aspekt ihres Lebens als Stärke ansehen.

Wie entstand die Idee für Cariboo?

Gestartet haben wir vor über einem Jahr, noch bevor die Idee da war, was wir überhaupt bauen. Mit »Design Thinking« – einer Methode, um Lösungsansätze für Probleme zu entwickeln – haben wir überlegt: »Was sind eigentlich die "Pains", also die "Schmerzstellen" und Probleme, die Careleaver haben und wie können wir dieser Person in schwierigen Situationen helfen? Was bräuchte sie?«

Am Anfang ginge es stark in Richtung Mentor*innen oder Vernetzungsangebote. Wir brauchen Vorbilder: Leute, die aufzeigen, was man machen kann, was wie möglich ist in schwierigen Situationen. Erst die dritte Idee war eine Plattform, wo Leute Fragen stellen und Antworten geben können. Und aus dieser Idee wurde die Q&A Plattform für Careleaver - Cariboo.

Was war für dich als Product Manager das Spannende an der Mitarbeit bei Cariboo?

Ich arbeite in einem Bereich mit digitalen Produkten in einer sehr großen Firma. Für mich war es daher spannend zu sehen, wie aus einem ganz kleinen Team mit wenig Mitteln ein supercooles Produkt entstehen kann. Das ist das eine. Das Andere ist: ich bin natürlich dabei, weil ich mich selber damit identifiziere. Ich bin mit 3 Jahren in die Jugendhilfe gekommen und weiß, wie schwer es sein kann, keine Eltern zu haben, denen man Fragen stellen kann. Und auch Ratschläge, die fehlen, kenne ich. Wo andere von den Eltern was mitbekommen, haben es Careleaver oft schwerer. Man muss sich über so viele Dinge vollkommen selbstständig informieren. Ich hätte mir damals von Leuten, die eine ähnliche Geschichte haben wie ich, Antworten gewünscht.

Welche Funktionen und Features von Cariboo gefallen dir besonders und was sagst du zum Design?

Das Design gefällt mir. Es ist jung, modern, mit hellgelb trifft lila Kontrast. Aber Design ist natürlich auch Funktionalität. Ich finde, dass man sich durch die Themenbereiche sehr gut zurechtfinden kann. Gerade wenn man erstmal keine konkrete Frage hat und ein bisschen herumstöbern möchte.
Das beste Feature ist die grundlegende Möglichkeit für Carelaver Fragen zu stellen, Antworten zu erhalten und Erfahrungen zu teilen. Und diese Funktionalität kommt natürlich erst durch die Nutzer*innen, durch die Community und durch den Gemeinschaftsgedanken an sich. Und natürlich durch die Moderator*innen, die Cariboo mittragen und irgendwann Fragen beantworten werden. Das, finde ich, ist ein wunderschönes Feature! Es kommt auf das Teilen von Erfahrungen an und das ist immer etwas Gutes.

Übrigens, vielleicht kein Feature der Plattform, aber eine hilfreiche Funktion falls man Cariboo regelmäßig nutzen will: man kann sich die Cariboo Seite unter der »Teilen« Funktion auch auf seinem Homescreen abspeichern. Dann bekommt die Plattform ein eigenes App Icon und lässt sich wie eine App öffnen. So ist man mit nur einem einzigen Klick auf der Plattform.

»Ich glaube, Careleaver und alle jungen Leute sollten lernen können, wie man in digitalen Projekten zusammenarbeitet. Zum Beispiel, indem man interdisziplinäre Zusammenarbeit unterstützt«

Welche Chancen stecken in der Verbesserung der digitalen Teilhabe von Careleavern?

Digitale Teilhabe heißt, dass wir als Careleaver bei digitalen Themen nicht ausgeschlossen werden. Ich glaube, die junge Generation ist komplett digital. Nur ist es auch wichtig, dass sie lernen können digital zu arbeiten. Sehr viele zukünftigen Berufsmöglichkeiten werden sich im digitalen Bereich befinden oder zumindest Digitalkompetenzen erfordern.

Ich arbeite im Digitalbereich und finde, es ist ein sehr kreativer und spannender Beruf. Aber es wird aktuell noch zu wenig gezielt in diese Richtung ausgebildet. Ich glaube, Careleaver und alle jungen Leute sollten schon in der Schule lernen können, wie man sich im digitalen Raum verhält, wie man in digitalen Projekten zusammenarbeitet, worauf es dabei ankommt.

Das ist unterrepräsentiert heute, im Gegensatz zur Bedeutung, die es in den Berufs- und Arbeitswelten und in der Gesellschaft hat. Und Careleaver haben dabei oft noch weniger Ressourcen als viele andere. Ein Laptop oder Tablet sollte jedem jungen Menschen zur Verfügung stehen, genauso wie Internet oder ein Smartphone. Nicht als Zwang, aber als Option und Möglichkeit zur Teilhabe.

Jetzt machen wir nochmal eine kleine Reise in die Zukunft. Wie haben digitale Angebote die Situation von Careleavern in 10 Jahren verbessert? Was ist deine Vision?

Meine Vision ist, dass Careleaver ebenso wie jede andere Gruppe ein starkes Netzwerk bilden können, das sich gegenseitig unterstützt. Ich glaube, das ist etwas, was den Leuten ganz viel Kraft geben kann und wo sich auch viele Möglichkeiten auf allen Ebenen ergeben können: von Hilfe bei Problemen bis zur konkreten Unterstützung und Vermittlung von Jobs. Und was ich mir noch vorstelle ist, dass es erstens einen offeneren Umgang mit dem Thema Leaving Care und zweitens keine Stigmatisierung von Careleavern gibt.

Ich wünsche mir, dass die Erfahrung Careleaver zu sein, von der Gesellschaft, aber ganz besonders von den Careleavern selbst, nicht als Schwäche wahrgenommen wird. Im Gegenteil: das ist ein Aspekt des Lebens, den wir als etwas Besonderes und deshalb als Stärke erkennen sollten. Wenn wir durch Projekte, wie mit Cariboo, Careleavern nicht nur Hilfestellungen bei Problemen und offenen Fragen geben, sondern Ihnen damit auch ermöglichen, ein positiveres Selbstbild zu entwickeln, dann haben wir schon sehr viel erreicht.  Das ist meine Vision.