Ein Workbook für pädagogische Fachkräfte, Studierende und Auszubildende im sozialen Bereich

Beyond Leaving Care

Warum ein Workbook?

Wie alles
begann...

Während meines Studiums der Sonderpädagogik und Psychologie fiel mir immer wieder auf, wie viele Stigmen und wie wenig Wissen rund um das Thema Care Receiver*innen und Care Leaver*innen existieren. »Heimkinder« werden oft als schwer erziehbar angesehen und der einzige Lebensort von »Heimkindern« ist ein Kinderheim. Dieses Bild ist jedoch stark vereinfacht und wird der Komplexität unserer Lebenslagen nicht gerecht. Besonders deutlich wurde mir das beim Thema Leaving Care, das kaum Raum im Curriculum einnimmt. Auch deutschsprachige Literatur und Studien dazu sind rar.

Hier gibt's das komplette Workbook zum Downloaden!

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Um diese Leerstellen zu füllen, wurde das Material »Beyond Leaving Care« entwickelt.

Dieses Projekt verbindet Perspektiven aus meiner Arbeitserfahrung in einer Wohngruppe für unbegleitete Minderjährige mit Fluchterfahrung und der Kinder- und Jugendpsychiatrie mit meinem wissenschaftlichen Studium. Besonders wertvoll wird das Material, weil ich selbst eine Care Leaverin bin und somit als Expert-by-Experience meine Erfahrungen einbringen kann.

»Beyond Leaving Care« lädt dazu ein, die eigene Haltung zu reflektieren, Wissen zu erweitern und anhand von Literaturtipps selbstständig zu vertiefen. Lisa, Jonas, Taylor, Lukas, Mia und Timo begleiten euch durch das Material und geben wertvolle Tipps und Gedankenanstöße für die eigene praktische Arbeit. Ziel ist es, neben Wissen auch Empathie und Verständnis für die besonderen Lebenslagen von Care Receiver*innen und Care Leaver*innen zu fördern.

Das Material kann selbstständig und innerhalb kurzer Zeit bearbeitet werden und eignet sich für alle, die mehr über das Thema lernen wollen oder im sozialen Bereich arbeiten.

Einführungsmaterial

Was verbindest du mit dem Begriff »Heimkind«?

Um ein Umdenken anzuregen, ist der Umgang mit und das Reflektieren von Begriffen wichtig.
Erstes Einführungsmaterial hilft dabei! 
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Johanna (rechts) mit Coachin Maria Fischer beim 2. AWAKE Retreat
Maria (sie/ihr) ist Coachin für Bildung, Digitalisierung und Innovation. Sie bringt Menschen ins Machen und Dranbleiben. Ihr Herzensthema ist Female* Empowerment durch Wissen, Skills und selbst machen. Sie arbeitet u.a. als Freelancerin für Radikale Töchter und das FCZB. Kontakt: fempowerment(at)systemli(dot)org

 

 

 

FAQ zu den Workbook-Kapiteln

FAQ zum Einführungskapitel

Darf man dann niemanden mehr Heimkind nennen?

Viele Menschen bevorzugen mittlerweile die Bezeichnung Care Receiver*in bzw. Care Leaver*in, da Heimkind keine treffende Beschreibung für diese darstellt und/oder mit Stigmatisierungen einhergeht. Wenn eine Person die Bezeichnung Heimkind bevorzugst, darfst du sie aber natürlich so nennen.

FAQ zum Thema Psychische Gesundheit

Woher kommen die Zahlen »zwischen zwei und elf Jahren«?

Das ist das Ergebnis der Studie von Cote et al. (2018), wobei hier auch anzumerken ist, dass die Datenmenge nicht ausreicht, um sagen zu können, wie zuverlässig diese Aussage ist. Nach einer Diskussion mit anderen Care Leaver*innen habe ich mich jedoch dafür entschieden, diese Aussage mit aufzunehmen, da sie uns anhand unserer eigenen Erfahrungen sehr schlüssig erscheint: Wenn die Aufnahme in die Jugendhilfe sehr spät erfolgt, dann sind oft auch die Anzahl der belastenden Erfahrungen, die gemacht wurden höher und bei einer langen Zeit in der Jugendhilfe kommt es viel häufiger zu Beziehungsabbrüchen, Wechseln der Zuständigkeit und Wohnortwechseln.

FAQ zum Einführungskapitel

Du redest von »wir« und »ihr«: Können Care Leaver*innen keine Fachkräfte sein?

Doch, natürlich. Ich bin auch pädagogische Fachkraft und Care Leaverin. Für die Form des Materials war es jedoch einfacher, die Rollen Care Receiver*in bzw. Care Leaver*in und Fachkräfte zu trennen. Aber da man im Leben mehrere Rollen einnehmen kann, schließt es sich natürlich nicht aus, dass eine Fachkraft auch Jugendhilfeerfahrung hat.

FAQ zum Thema Psychische Gesundheit

Woher kommt das höhere Risiko ungewollter Schwangerschaften?

Zum einen beschreiben Courtney et al. (2014), dass Armut häufiger zu Prostitution führt und Verhütungsmittel oft zu teuer sind und zum anderen spielt auch die Aufklärung in den Einrichtungen eine Rolle. Ich habe in einer katholischen Einrichtung gelebt, in der Sexualität ein Tabu-Thema war und Verhütung als Sünde dargestellt wurde und auch von anderen christlichen Einrichtungen habe ich gehört, dass Fragen nach Verhütungsmethoden eher verurteilt, als beantwortet wurden. Wobei ich hier auch nicht alle christlichen Einrichtungen über einen Kamm scheren möchte: Bei einem Praktikum in einer Intensivwohngruppe für unbegleitete Minderjährige mit Fluchterfahrung der Diakonie durften unsere Klient*innen Fragen stellen und die Einrichtung hat sogar Kondome gestellt.

FAQ zum Thema Psychische Gesundheit

Woher kommt das höhere Risiko, strafrechtlich verurteilt zu werden?

Das höhere Risiko für Care Leaver*innen, strafrechtlich verurteilt zu werden, lässt sich auf eine Vielzahl von Faktoren zurückführen. Eine Studie von Courtney et al. (2014) bezieht sich zwar hauptsächlich auf die USA, wo die Schwere der Straftaten, die zu einer Verurteilung führen, deutlich geringer sein kann als in Deutschland. Dennoch lassen sich einige Erkenntnisse vor dem Hintergrund der Bildungsbenachteiligung und dem damit einhergehenden Armutsrisiko teilweise auf Deutschland übertragen. Der Übergang von der Jugendhilfe ins Erwachsenenleben ist oft abrupt und unzureichend unterstützt. Ohne die nötige Hilfe bei der Wohnungssuche, Ausbildung, Jobsuche und der Bewältigung alltäglicher Herausforderungen können Care Leaver*innen in problematische Situationen geraten, die das Risiko von Straftaten, wie beispielsweise Diebstahl, erhöhen. Schlechtere Bildungschancen und niedrigere Bildungsabschlüsse sind ein weiteres Problem. Ein geringes Bildungsniveau erhöht das Risiko von Arbeitslosigkeit und Armut, was wiederum die Wahrscheinlichkeit kriminellen Verhaltens erhöht.

FAQ zum Thema Psychische Gesundheit

Warum besteht ein höheres Risiko körperlicher Erkrankungen?

Einige psychische Erkrankungen (z.B. Essstörungen) gehen mit körperlichen Folgen einher, aber Courtney et al. (2014) beschreiben auch ernährungsbedingte Erkrankungen aufgrund von Armut und/oder mangelndem Zugang zu Bildung. Ein weiterer Faktor, der zum Entstehen von körperlichen Erkrankungen beiträgt, ist soziale Isolation. Diese stellt einen Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen dar.

Die UNTERSTÜTZER*INNEN

Ein paar Worte zum Dank...

 Ich möchte mich herzlich bei Johanna Ernst für ihre wertvolle Hilfe bei der Themenfindung bedanken.

Mein besonderer Dank gilt Anja Hoffmann für ihre Begleitung und Unterstützung bei der Umsetzung des Projekts.
Ebenso danke ich Louie Läuger für hilfreiches Feedback zum Layout und zur grafischen Gestaltung.
Mein aufrichtiger Dank geht auch an meine Mitfellows Julia, Flo, Vicky und Vanessa für die gemeinsame Zeit auf den Retreats und die Unterstützung bei der Erstellung dieses Workbooks.
Vielen Dank auch an Lotte Barthelmes für die Hilfe dabei, dass Workbook online zu stellen.
Ein besonderer Dank geht an Maria Fischer für ihre kontinuierliche Unterstützung und ihr Coaching hinsichtlich der didaktischen Aufarbeitung der Materialien. Ohne ihr Feedback, ihre Ideen und die Motivation wäre die Umsetzung des Projekts nicht möglich gewesen.
Ich möchte mich außerdem bei der Initiative Brückensteine Careleaver sowie der DROSOS STIFTUNG für ihre Förderung bedanken.

Und ich möchte mich auch bei dir für die Verwendung dieses Workbooks bedanken!

Foto: Johanna (rechts) mit AWAKE Fellows und Projektleiterin Anja